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Pässe und Bergstraßen per Fahrrad

Mit dem Rennrad, dem Gravelbike und dem Mountainbike
unterwegs auf einigen der berühmtesten Anstiege der Welt

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Theodulpass (Bontadini-Lift) 3.332m
Höchste Bergstraße der Alpen

Extrem hoch, extrem herausfordernd, extrem spektakulär - das ist die unbefestigte Rampe im italienischen Aosta-Tal hoch zur Bergstation des Bontadini-Lifts am Theodulpass. Die Piste wird von privatem Anlieger-Verkehr genutzt und stellt damit die höchste Bergstraße der Alpen dar. Für Mountainbiker ist der Anstieg das absolute Nonplusultra, dessen Bewältigung nur bei besten Wetterbedingungen im Hochsommer überhaupt denkbar ist. Ganz Verwegene nutzen den Passübergang sogar als höchste mit dem Fahrrad zu überwindende Transalp-Variante, die im Schatten des gewaltigen Matterhorn über das Plateau Rosa und den Theodulgletscher hinab ins schweizerische Zermatt führt.

Start: Breuil Cervinia 2.003m
Höhenmeter: 1.330m
Distanz: 12km
August 2019


Bereinigt um die wenigen Flachpassagen offenbart sich ein brutales Profil mit einer durchschnittlichen Steigung von rd. 15%. Zum Ende hin türmt sich die Rampe dann mit mehr als 20% Steigung zur Passhöhe. Etliche Schiebepassagen sind unvermeidbar.


Acht Jahre nach dem ersten Versuch (siehe unten) geht es wieder los im italienischen Skiort Breuil Cervinia.


Wieder stehe ich an dieser Bachüberquerung - diesmal aber mit deutlich weniger Wind und angenehmerer 24/40 Untersetzung, dafür einige Jahre älter und weniger trainiert. Und ohne Motorunterstützung bin ich hier unter den Mountainbikern ohnehin ein völliger Exot.


Die ersten Kilometer fordern bereits erheblich viel Kraft und Technik im kleinsten Gang. Bei dieser Flachpassage auf dem Weg zur Seilbahnstation Plan Maison öffnet sich im Dunst des frühen Morgens erstmals der Blick auf das heutige Ziel. Von links: Furgsattel, Bontadini-Station in der Mulde, Theodulhütte, Kleines Matterhorn, Testa Grigia, Breithorn Massiv



Der ständige Blick auf die imposante Rückseite des Matterhorn begleitet die Fahrt und der Himmel klart nun auch langsam auf.


Hinter der Seilbahnstation Plan Maison geht es schnurstracks steil geradeaus.


An gleicher Stelle Blick zurück


Am Ende der langen Gerade gelangt man an die Bergstation Plan Maison und die Talstation Fornet. Die Wanderer wählen die Direttissima links hoch, die jedoch viel zu steil für das Rad ist. Wir kurbeln rechts zu den beiden Seilbahn-Stationen hoch.


Direkt hinter der Talstation Fornet geht es eigentlich hier links mit etwa 17% hoch. Ich wähle aber den Weg rechts, der in einem deutlich weiteren Bogen nach oben führt und damit vermeintlich flacher ist.


Der Weg ist in der Tat deutlich moderater als der direkte Anstieg, ist nur leider im hinteren Drittel durch Schmelzwasser ausgewaschen und zunehmend verblockt und verfallen. Der Weg wird auch nicht mehr von Kraftfahrzeugen genutzt und erweist sich daher leider als falsche Wahl.


Nach reichlich Schieben erreicht man wieder den Hauptweg und die Bontadini-Talstation in bereits knapp über 3.000m Höhe.


Dahinter kommt es knüppeldick. Fahrend geht hier fast gar nichts mehr. Etwas unscheinbar führt an dieser Stelle ein Abzweig rechts ab, um das letzte Steilstück in einem kleinen Serpentinenbogen etwas flacher angehen zu können.


Wieder auf dem Hauptweg bietet sich dieser Blick zum Matterhorn. Man beachte die Fahrzeuge, die hier in 3.200 Meter Höhe unterwegs sind.


Zum Greifen nahe: Das Objekt der Begierde


Und endlich steht man nach stundenlanger kräftezehrender Schinderei (und viel Schieben) in 3.332m Höhe an der Bergstation des Bontadini-Lifts.


Ganz hinten die Felskuppe der Testa Grigia mit dem Sendemast (und dieser grandiosen Webcam), davor in der Bildmitte das Rifugio Teodulo und vorne rechts die Bontadini-Bergstation


Spektakulärer Ausblick von der Passhöhe hinab auf den Anstieg aus Richtung Westen


Und dann folgt der atemberaubende Blick Richtung Osten: Hier erstreckt sich direkt unterhalb der Passhöhe das Gletscherfeld des Plateau Rosa. Der Theodulgletscher wird auch im Sommer von Skifahrern genutzt und Mountain(fat)biker sollen hier auch schon unterwegs gewesen sein.


Richtung Nordosten erkennt der Fachmann auf dem braunen Felsgrat in der Bildmitte den Gornergrat (3.089m), den Hohtälli (3.286m) und links dahinter das Rothorn (3.103m) - allesamt von Zermatt aus mit dem Mountainbike anfahrbar.


Mehr geht nicht in den Alpen :-)


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Nachfolgende Beschreibung im Original aus dem Jahr 2011:


Bontadini-Lift 3.332m
(nicht erreicht)

Der Bontadini-Lift auf der italienischen Rückseite des Matterhorn geistert seit Jahren als der höchste mit einem zweispurigen Fahrzeug erreichbare Punkt der Alpen durch die einschlägigen Internet-Foren der motorisierten Allrad-Freunde. Zwar soll der Weg seit 2009 für motorisierte Fahrzeuge gesperrt sein, aber mit dem Fahrrad kommt man ja vielleicht noch hoch. Dann wäre es wohl der höchste mit einem Fahrrad befahrbare nicht asphaltierte Weg Europas! Die "Talstation" des Skiliftes liegt auf etwa 3.000m Höhe und die Gipfelstation sogar bei 3.332m direkt neben dem Theodulpass an der Grenze zur Schweiz. Nur ein enges Zeitfenster im Jahr zwischen Alt- und Neuschnee macht etwa Ende August eine Befahrbarkeit überhaupt denkbar. Ausgestattet mit GPS und barometrischem Höhenmesser, mit detaillierter italienischer Karte und mit Satellitenbildern versuche ich heute, mit dem Mountainbike da hoch zu kommen. Doch es sollte beim Versuch bleiben - der Weg ist bereits im unteren Teil extrem steil und besteht aus grobem Schotter. Und im oberen Teil soll es erst richtig steil und verblockt werden. Für normalsterbliche Hobbyradler ist dieser Weg leider nicht mit dem Fahrrad durchgehend befahrbar. (Als Entschädigung gibt es einen Tag später die Auffahrt zum Großen St. Bernhard, einen der spektakulärsten Pässe der Alpen.)

Start: Breuil Cervinia 2.020m
Höhenmeter bis Abbruch: 574m
Distanz bis Abbruch: 5km
August 2011




Das unruhige Profil zeigt wie steil die Rampen teilweise sind. Der gemessene Spitzenwert liegt auf den ersten fünf Kilometern bei 30%. Das abgebildete Profil endet etwa 1.000 Meter hinter der Skistation Plan Maison.


Start ist im Ort Breuil Cervinia, der auf etwa 2.000m Höhe am Ende eines Seitentales liegt, welches in nördlicher Richtung aus dem Aosta-Tal abzweigt. Der Skiort liegt in einem Kessel von Dreitausendern umrahmt direkt am Fuße des 4.478m hohen Matterhorn. Hier startet auch im Sommer eine Kabinenbahn, die bis auf über 2.500 Meter zum Skigebiet Plan Maison hinauf führt.


Rechts oben ist die Bergstation Plan Maison erkennbar. Dahinter geht es noch etwa 800 Höhenmeter weiter hinauf bis zum Theodulpass, von dem es auf der anderen Seite vergletschert nach Zermatt hinunter geht.


Anfangs ist die Orientierung etwas schwierig, da man den richtigen Eingang in einem Gewirr aus Skimasten und Wegen finden muss. Bei dieser Bachquerung beginnt die streckenmäßig längste Rampe hoch zum Plan Maison, die damit rechnerisch eigentlich die geringste Steigung aufweisen muss.


Das ist der Blick nach oben - sieht von hier locker machbar aus. Leider kann ein Foto zwei Dinge nie zeigen: Zum Einen wie steil es tatsächlich ist und zum Anderen die Windverhältnisse. Trotz des guten Wetters pfeift ein eisiger Wind durch diesen Felskessel die Piste hinunter...


Nach nur 2.800 Metern Strecke haut es mich das erste Mal aus dem Sattel. Mein Radcomputer zeigt mehr als 20% Steigung an und auf dem losen Gestein verliert man schnell den Halt. Wer viel Kraft und fahrerisches Geschick besitzt, kommt hier vielleicht hoch. Hab ich aber leider beides nicht, deshalb ist hier schon Feierabend! Scheiße! Hatte ich mir anders vorgestellt...


Schwacher Trost: Ich befinde mich direkt unter der mehr als 2.000 Meter hohen Südwand des Matterhorn - landschaftlich mehr als beeindruckend!


Es folgt eine weitere Schiebepassage und keine Aussicht auf Besserung. Es ist so steil, dass ich auch bei allerkleinster Negativübersetzung gar nicht wieder in den Sattel komme. Selbst die mir entgegenkommenden vollgefederten und rundumverpackten Downhill-Freaks fahren hier nur mit angezogenen Bremsen hinunter...


Die selbe Rampe von oben betrachtet - freier Fall... Um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen: Unten der rote Fleck links der Bildmitte ist ein Allterrain-Pistenquad mit vier Reifen.


Plan Maison ist bald erreicht, aber die Hälfte der Strecke musste ich Schieben. Zwar ist die Entscheidung längst gefallen, diesen Weg nicht als fahrbar einzustufen, dennoch reizt es mich, wenigstens mal einen Blick Richtung Bontadini-Lift werfen zu können.


Ganz oben in der Bildmitte sind die Bergstation Bontadini-Lift und auch die Theodulhütte in 3.300m Höhe erkennbar.


Das Bild lässt ansatzweise erahnen, wie windig und kalt es hier oben ist.


Ganz will ich noch nicht aufgeben und fahre weiter unter den Skiliften hoch. Nach nur 800m Distanz habe ich weitere 100 Höhenmeter fahrend überwunden - stolzer Prozentwert. Das Tückische an der Gesamtprozentsteigung seit Breuil Cervinia von etwa 12% ist, dass diese nicht gleichmäßig ist, sondern "Flachpassagen" (das meint 7-8%) sich mit Rampen von 20% und mehr abwechseln...


Auch wenn der Weg auf dem Bild gar nicht so schwierig aussieht: Auf etwas mehr als 2.600m Höhe habe ich die Schnauze voll. Windböen drücken mich aus dem Sattel und die nächste Schiebepassage steht hier an. Mein Ehrgeiz weiter nach oben zu kommen, tendiert gen Null - man kann ja ohnehin nicht fahren.


Aus der Übersicht der höchsten mit einem Fahrrad befahrbaren Bergstraßen Europas wird der Bontadini-Lift damit wieder gestrichen. Aber wer nie verliert, hat seine Ziele nur nicht hoch genug gesetzt. Dafür gibt es einen super Blick auf das Matterhorn!





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