Mit dem Rennrad, dem Gravelbike und dem Mountainbike
unterwegs auf einigen der berühmtesten Anstiege der Welt
Im Südosten Äthiopiens befindet sich rund 450 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt der Bale Mountains Nationalpark. Über das dortige auf 4.000 Meter Höhe gelegene Sanetti-Plateau führt eine halbwegs befestigte Straße, von der es eine Abzweigung auf den zweithöchsten Berg des Landes gibt - den erloschenen Vulkan Tulluu Dimtuu. Auf dessen Gipfel befindet sich in 4.377 Meter Höhe eine Fernmeldeanlage, die frei zugänglich über eine dortige Fahrbahn erreicht werden kann.
Hier einige weitere Infos zu den höchsten Pässen und Bergstraßen sämtlicher Kontinente.
Start: Goba 2.648m
Höhenmeter: 1.842m
Distanz: 41km
November 2012
Die Tour startet auf rd 2.600 Meter Höhe im Ort Goba. Von dort führt der Weg zunächst hinauf bis auf etwa 3.500 Meter Höhe zum bewachten Eingang des Nationalparks. Nach 20 Kilometern ist das luftige Sanetti-Plateau erreicht und der Weg windet sich über weitere 17 Kilometer in einem ständigen Auf und Ab ohne Höhengewinn bis zur Abzweigung hoch zum Tulluu Dimtuu. Von dort sind es dann noch vier steile Kilometer bis zum Gipfel des Berges. Die absoluten Höhen und auch die Höhendifferenz ähneln damit den Touren auf den Mauna Kea auf Hawaii oder auch den Mount Evans in den Rocky Mountains.
Dieses Schild am Haupteingang des Nationalparkes in Dinsho zeigt den Verlauf der Straße ab Goba über das Sanetti Plateau. In der dunkel gefärbten Mitte des Plateaus liegt der Tulluu Dimtuu. Das Nationalpark-Projekt wird durch die Frankfurt Zoological Society und die Europäische Union gefördert.
Vor der Tour werden auf einem lokalen Markt zunächst die Bananen- und Wasservorräte aufgefüllt...
Nach drei Tagen Höhenanpassung mit Wanderungen in die nähere Umgebung (mit Sichtung endemischer Berg-Antilopen, Columbus-Affen, Warzenschweinen) erfolgt der Start zur Radtour vom Hotel in Goba. Nach europäischer Zeitmessung haben wir jetzt Anfang November 2012 morgens 8.30 Uhr, nach äthiopischer Zeitrechnung ist es dagegen Ende Februar 2005 morgens um 2.30 Uhr (hier gilt noch der Julianische Kalender und die Messung der Tageszeit beginnt erst mit Sonnenaufgang um 6 Uhr)
Hauptverkehrsmittel auf den Straßen des Ortes sind Pferde, Esel und kleine Taxis. Mit meinem Mountainbike mit Scheibenbremsen, Federgabel, Radcomputer, Höhenmesser und GPS-Gerät ziehe ich noch dazu als Weißer in entsprechenden Fahrradklamotten unfreiwillig alle Blicke auf mich.
Das örtliche Krankenhaus trägt den Namen des Berges und liefert ein schönes Fotomotiv (und hoffentlich kein schlechtes Omen).
Hinter dem Ort beginnt die Straße hoch zum Nationalpark, welche aus einem Zement/Schottergemisch besteht und sich daher gut befahren lässt.
Der untere Teil der Strecke führt durch dicht bewachsenen Buschwald und liefert nach wenigen Kilometern gleich ein absolutes Highlight dieser Tour: Ein Rudel Paviane mit Jungtieren kreuzt den Weg!
Am Wegesrand finden sich die typischen aus Lehm errichteten Rundhütten mit Strohdächern.
In dieser zugleich faszinierenden wie geheimnisvollen und fremdartigen afrikanischen Welt bin ich froh über mein Begleitfahrzeug mit einheimischen Guides, welches stets in Sichtweite bleibt.
Insbesondere Kinder zeigen sich immer wieder mit einer interessierten Mischung aus Neugier und respektvoller Distanz.
Blick zurück vom Eingang des Nationalparkes auf rund 3.500 Meter Höhe hinunter auf die Ebene mit den Orten Goba und Dinsho.
Auf dem Sanetti-Plateau begehe ich heute einen schwerwiegenden Fehler. Anhand der wenigen zugänglichen Informationen hatte ich mir zwar eine Gesamtdistanz von etwa 38 Kilometern errechnet, aber da ich hier schon auf 4.000 Meter bin, gehe ich fälschlicherweise davon aus, den Gipfel schon bald zu erreichen. Ich behalte meine kurzen Klamotten an und nehme viel zu wenig Nahrung auf. Dass hier eine rd. 17 Kilometer lange Passage über ein Hochplateau in eisigem Wind folgt und der Tulluu Dimtuu noch hinter den beiden Bergen am Horizont liegt, wird mir erst viel zu spät klar.
Hier oben lebt der endemische Abessinische Wolf (auch Red Fox, Simien Fox oder Äthiopischer Wolf). Ein Exemplar läuft mir netterweise direkt vor die Kamera.
Nach gefühlt endlos langer Strecke mit unerwartetem Höhenverlust (was gibt es mental Schlimmeres?) erscheint dann endlich das Ziel am Horizont. Auf dem hinteren Berg in der Bildmitte ist eine Einrichtung schwach erkennbar: Die Fernmeldeanlage auf dem Tulluu Dimtuu!
Die Abzweigung zum Gipfel ist erreicht. Wenn man stattdessen weiter geradeaus fährt, gelangt man in den Harenna Forest. Meine einheimischen Begleiter bestehen darauf, dass es dort Löwen und Leoparden geben soll.
Der Weg nach oben ist steil und schmal, aber befahrbar.
Mittlerweile zeigt das Thermometer nur noch wenige Grad über Null an. Der starke Wind sorgt für entsprechenden Windchill-Effekt. Viel zu spät entscheide ich mich für wärmere Klamotten. Völlig ausgezehrt von der langen Strecke in sauerstoffarmer Luft, zu weniger Nahrung und der eisigen Kälte hier oben, gibt mir mein Körper etwa 1.000 Meter vor dem Ziel zu verstehen, dass er das Ganze nicht mehr witzig findet und wirft mich alle paar Meter aus dem Sattel. Und so wird der verbleibende kurze Weg mit sehr langsamen Schritten hoch zum Gipfel geschoben. Hier der Blick auf die letzten Meter zum Ziel...
Auf dem Gipfel gibt es kein Passschild, sondern nur die von einer einzelnen Person bewachte Fernmeldeanlage. Meine zwei GPS-Geräte messen 4.382m bzw. 4.384m und bestätigen damit nahezu exakt die offiziellen 4.377 Meter.
Dann basteln wir uns halt selbst ein schönes Gipfelfoto...